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Rechtsanwalt Christof Böhmer Fachanwalt für Arbeitsrecht und für Versicherungsrecht Düsseldorf
Rechtsanwalt Christof BöhmerFachanwalt für Arbeitsrechtund für Versicherungsrecht                                                                               Düsseldorf 

„Selbst schuld!“ Entgeltfortzahlung bei selbstverschuldeter  Arbeitsunfähigkeit?

 

Krankheit ist nicht immer ein Schicksalsschlag, der unerwartet und unverschuldet eintritt.

 

Gelegentlich fragen sich daher Arbeitgeber, ob es denn sein könne, dass sie den Arbeitslohn fortzahlen müssen, wenn der Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeit durch sein Verhalten selbst herbeigeführt hat.

 

Und tatsächlich gibt es Fälle, in denen die Rechtsprechung entschieden hat, dass die Pflicht des Arbeitgebers, das Arbeitsentgelt fortzubezahlen, entfällt.

 

1. Verpflichtung zur Entgeltfortzahlung

 

Zunächst besteht eine grundsätzliche Verpflichtung zur Entgeltfortzahlung.

 

Die Pflicht, dem Arbeitnehmer im Falle der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit den Arbeitslohn fortzubezahlen, ergibt sich aus dem sogenannten „Entgeltfortzahlungsgesetz“ (EntgfzG), in dem auch die Entgeltfortzahlung an gesetzlichen Feiertagen geregelt ist.

 

Nach § 3 EntgfzG hat der Arbeitnehmer im Falle einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit einen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Fortzahlung der Vergütung für die Dauer von 6 Wochen (danacht tritt ggfs. die Krankenversicherung mit dem Krankengeld ein).

 

Mehr Voraussetzungen sieht das Gesetz nicht vor. Insbesondere kommt es für das Entstehen des Anspruchs nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer seinen Melde- und Nachweispflichten (§ 5 EntgfzG) ordnungsgemäß nachgekommen ist. Selbst wenn der Arbeitnehmer eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung trotz bestehender Verpflichtung nicht beigebracht hat, besteht dem Grunde nach der Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

 

Allerdings stellt der unterlassene Nachweis ggfs. eine Vertragspflichtverletzung dar, die zu einer Abmahnung und (im Wiederholungsfalle) sogar zu einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen kann.

 

Als einzige im Gesetz genannte Ausnahme bestimmt § 3 Absatz 3 EntgfzG:

 

„Der Anspruch entsteht erst nach einer vierwöchigen ununterbrochenen Dauer des Arbeitsverhältnisses“.

 

Damit ist aber keineswegs gemeint, dass ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung entfällt, wenn der Arbeitnehmer in den ersten 4 Wochen des Arbeitsverhältnisses krankheitsbedingt arbeitsunfähig wird.

 

Vielmehr ist lediglich die Entgeltfortzahlung in diesem Zeitraum gehemmt.

Wird der Arbeitnehmer also beispielsweise mit dem Ende der dritten Woche des Arbeitsverhältnisses krank, so entfällt lediglich die Entgeltfortzahlung für die vierte Woche. Ab der fünften Woche muss der Arbeitgeber bezahlen!

 

 

2. Ausnahme bei „grobem“ Verschulden

 

Grundsätzlich ist es dem Arbeitgeber nicht gestattet, sich in das Freizeitverhalten des Arbeitnehmers „einzumischen“. Was er außerhalb der Arbeit tut, muss der Arbeitnehmer also vor dem Arbeitgeber nicht verantworten. Dies gilt auch dann, wenn es das Freizeitverhalten ist, dass zur Arbeitsunfähigkeit führte.

 

Das Gesetz verlangt demnach für das Entstehen des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung auch nicht, dass es sich um eine „unverschuldete“ krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit handelt.

 

Gleichwohl besteht durchaus eine vertragliche Nebenpflicht des Arbeitnehmers, seine Arbeitsfähigkeit nicht mutwillig zu „sabotieren“. Ein Arbeitnehmer, der sich bewusst und in der Absicht, Entgeltfortzahlung zu erlangen, selbst schädigt, verliert diesen Anspruch. Denn es stellt eine Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis dar („Treuepflicht gegenüber dem Arbeitgeber“), den Vertragszweck nicht zu vereiteln. Die Verletzung dieser Nebenpflicht verpflichtet gegebenenfalls zum Schadensersatz in Höhe des Entgeltfortzahlungsanspruchs.

 

Hieraus hat die Rechtsprechung den Grundsatz entwickelt, dass auch das Betreiben von Sportarten, die nicht nur das Risiko einer Verletzung mit sich bringen sondern die quasi zwingend mit Verletzungen einhergehen, zum Entfall des Entgeltfortzahlungsanspruchs führen, wenn sich die in ihnen liegende Gefahr verwirklicht.

 

Es geht hier also nicht um Sportarten, die man gemeinhin als „gefährlich“ ansieht, wie beispielsweise Drachen- oder Paragliderflug, Fallschirmsprung, Freeclimbing, pp. Denn diese Sportarten führen– trotz ihres Risikos - im Normalfall nicht zu Verletzungen.

 

Anders sieht es hingegen bei Sportarten wie Boxen, Thaiboxen, Vollkontaktkarate, Motocross (wenn es Wettbewerbsmäßig ausgeübt wird), usw., bei denen üblicherweise Verletzungen eintreten. Hier wird davon ausgegangen, dass derjenige, der diese Sportarten ausübt, Verletzungen und damit auch krankheitsbedingte Ausfallzeiten billigend in Kauf nimmt. Dies aber soll nicht zum Nachteil des Arbeitgebers führen.