Ein Arbeitnehmer hat grundsätzlich einen Anspruch, zum Ende des Arbeitsverhältnisses ein Arbeitszeugnis zu erhalten.
Es wird dabei unterschieden zwischen einem einfachen und einem qualifizierten Arbeitszeugnis. Der Anspruch ist - eigentlich systemwidrig - in der Gewerbeordnung, § 109, geregelt. Aus der Regelung wird deutlich, dass es Sache des Arbeitnehmers ist, zu entscheiden, ob er mit einem einfachen Arbeitszeugnis vorlieb nehmen möchte oder ob er ein qualifiziertes Zeugnis wählt („verlangt").
1. einfaches Arbeitszeugnis
Das einfache Arbeitszeugnis ist faktisch nichts anderes als die Bescheinigung der Tätigkeit selbst. Aus ihm geht lediglich die Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses ohne jegliche Bewertung hervor.
2. qualifiziertes Arbeitszeugnis
Demgegenüber enthält das qualifizierte Arbeitszeugnis Bewertungen der Leistung und des Verhaltens des Arbeitnehmers. Es ist üblich, dass Arbeitnehmer ein qualifiziertes Arbeitszeugnis wünschen oder auch "automatisch" erhalten, ohne dass sie es gesondert verlangt hätten.
Hier haben sich Standards herausgebildet, an die sich die Beteiligten halten sollten. Denn eine Abweichung führt hier schnell dazu, dass potentielle Leser zu Mutmaßungen über den Grund für die Abweichungen veranlasst werden. Derartige Unklarheiten sind aber schon nach der Formulierung des § 109 Abs.2 GewO zu vermeiden. Es gelten die Grundsätze der „Zeugniswahrheit" und "Zeugnisklarheit".
a) Aufbau
Der übliche und damit zu bevorzugende Zeugnisaufbau gliedert das Arbeitszeugnis wie folgt:
- Art und Dauer der Tätigkeit
- Darstellung des Unternehmens
- Darstellung der Tätigkeiten und Verantwortungsbereiche im Einzelnen
- Kenntnisse, Erfahrungen, absolvierte Weiterbildungen, pp.
- Arbeitsweise, Leistungsbewertung
- Darstellung des Verhaltens, Teamfähigkeit, pp., Verhaltensbeurteilung
- Schlussformeln, Beendigungsgrund, Bedauernsformel, Glückwünsche.
b) Leistungsbeurteilung
Zentraler Bestandteil eines qualifizierten Arbeitszeugnisses ist die Leistungsbeurteilung. Hier haben sich typische Formulierungen eingebürgert, die auch Verwendung finden sollten. Diese kann man mit Zeugnisnoten „übersetzen":
Zeugnisnote 1: „stets zu unserer vollsten Zufriedenheit"
Zeugnisnote 2: „stets zu unserer vollen Zufriedenheit"
Zeugnisnote 3: „stets zu unserer Zufriedenheit" oder „zu unserer vollen Zufriedenheit"
Zeugnisnote 4: „zu unserer Zufriedenheit"
Zeugnisnote 5 oder schlechter: „bemühte sich" o.ä.
Einer gute Bewertung sollten Ausführungen zur Arbeitsweise („selbständig", „eigeninitiativ", „gute Übersicht", „strukturiert", pp) vorangestellt werden.
c) Führungsbeurteilung
Das Verhalten ist ebenfalls zunächst zu beschreiben („teamfähig", „freundlich", „aufgeschlossen", „kommunikativ", „gute Umgangsformen", pp.). Anschließend ist das Verhalten zu bewerten. Auch insoweit sind typische Formulierungen zu verwenden, die wiederum in Zeugnisnoten übersetzt werden können:
Zeugnisnote 1: „jederzeit vorbildlich"
Zeugnisnote 2: „stets einwandfrei"
Zeugnisnote 3: „einwandfrei"
Zeugnisnote 4: „höflich und korrekt"
Zeugnisnote 5 oder schlechter: „nicht frei von Beanstandungen".
Wichtig ist hier auch die richtige Reihenfolge derjenigen, gegenüber denen das Verhalten attestiert wird. Hier sind stets zunächst die Vorgesetzten, dann die Mitarbeiter und schließlich Kunden oder sonstige Dritte zu nennen. Eine andere Reihenfolge gibt zu Mutmaßungen Anlass. Sehr gut wäre also die Formulierung: „Herr/Frau X war allseits geschätzt und anerkannt. Ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Mitarbeitern und Kunden war jederzeit vorbildlich."
c) Bedauerns- und Glückwunschformel
Hier galt stet, dass ein Anspruch auf eine solche nicht bestehe. Es zeichnet sich allerdings ab, dass hier allmählich eine Wandelung der Rechtsprechung eintritt. Namentlich gibt es in jüngerer Zeit Urteile, die einen Arbeitgeber verpflichten, am Ende eines im Übrigen besonders guten Zeugnisses eine solche Bedauerns- und Glückwunschformel einzusetzen. Hintergrund ist, dass es einem Leser merkwürdig vorkommen mag, wenn ein Mitarbeiter doch so hervorragende Dienste geleistet hat und der Arbeitgeber ihm dann nicht einmal „eine Träne nachweint" und gute Wünsche mit auf den Weg gibt. Das Zeugnis werde daher durch Weglassen der Formel widersprüchlich.
d) Datum, Unterschrift
Das Zeugnis ist zu datieren. Im Idealfall wird das Zeugnis auf den letzten Arbeitstag datiert. Daher sollten Sie den Arbeitgeber frühzeitig auf das Zeugnis ansprechen. Denn nur wenn sich der Arbeitgeber in Verzug mit der Erstellung des Zeugnisses befindet, haben Sie einen Anspruch auf Rückdatierung zum Ende des Arbeitsverhältnisses. Verlangen Sie das Zeugnis hingegen erst Wochen nach dem Vertragsende, so kann der Arbeitgeber das tatsächliche Erstellungsdatum angeben. Dies wiederum kann zu Erklärungsbedarf bei einem späteren Leser - meist ein potentieller Arbeitgeber - führen.
Das Zeugnis ist ferner zu unterschreiben. Je höher die Hierarchiestufe desjenigen ist, welcher unterschreibt, desto besser. In kleineren Unternehmen besteht daher regelmäßig ein Anspruch auf Unterzeichnung durch den Inhaber/Geschäftsführer. Bei sehr großen Unternehmen kann die Unterschrift auch einmal durch einen Betriebsleiter, Fachgebietsleiter oder Abteilungsleiter erfolgen. Die Frage, wer zu unterzeichnen hat, ist letztlich vom Einzelfall abhängig.
3. Geltendmachung
Zu beachten ist in jedem Fall eine aufgrund arbeitsvertraglicher oder tarifvertraglicher Regelungen geltende Ausschlussfrist (Verfallfrist). Häufig finden sich Regelungen mit dem - sinngemäßen - Inhalt:
„Ansprüche aus und im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis sind innerhalb von 3 Monaten schriftlich gegenüber dem anderen Vertragsteil geltend zu machen. Werden sie sodann nicht innerhalb weiterer 2 Wochen erfüllt, so ist innerhalb weiterer 3 Monate Klage auf Leistung zu erheben. Wird eine der vorstehenden Fristen versäumt, verfällt der Anspruch."
Hier ist Vorsicht geboten: Derartige Ausschlussfristen wirken auch bezüglich des Zeugnisanspruchs und eines gegebenenfalls bestehenden Zeugnisberichtigungsanspruchs. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die Ausschlussfristen in Tarifverträgen deutlich kürzer bemessen sein können. Also: So schnell wie möglich handeln!
Eine Klage kann zunächst nur auf die Verpflichtung zur "Erteilung eines Arbeitszeugnisses, welches sich auf Leistung und Verhalten erstreckt" gerichtet werden. Denn es ist grundsätzlich Sache des Arbeitgebers, eine zutreffende Beurteilung vorzunehmen. In der Wahl der Formulierungen, pp. ist er - in Grenzen - frei.
Ist hingegen bereits ein Zeugnis erteilt, das aber unzutreffend, formal zu beanstanden oder sonst abzuändern ist, muss bei der dann zu erhebenden Zeugnisabänderungsklage die konkrete Formulierung des Zeugnisses aufgegriffen werden und explizit dargelegt werden, wie und aus welchem Grund diese abzuändern ist. Dies erfordert einen teilweise erheblichen Aufwand.
Soweit die Bewertung betroffen ist, ist ferner die Darlegungs- und Beweislage zu beachten. Hier stellt die durchschnittliche Beurteilung (Zeugnisnote 3) eine Art „Scheitelpunkt" dar. Erteilt der Arbeitgeber ein Zeugnis, das unterhalb dieser Benotung bleibt, muss er im Prozess beweisen, dass der Arbeitnehmer schlechter als ein durchschnittlicher Arbeitnehmer auf dieser Position arbeitete. Erstrebt hingegen der Arbeitnehmer ein Zeugnis, dass besser als die durchschnittliche Benotung ist, muss er darlegen und beweisen, dass er besser als ein durchschnittlicher Arbeitnehmer auf dieser Position war. Beides ist in aller Regel nur sehr schwer zu bewerkstelligen. Schon die Definition eines durchschnittlichen Mitarbeiters ist in aller Regel nicht gerichtsfest möglich.
Einen kompetenten Ansprechpartner in allen arbeitsrechtlichen Fragen - so auch bei Zeugnisangelegenheiten - finden Arbeitnehmer sowie Arbeitgeber bei Beachtung der von den Anwaltskammern verliehenen Titel „Fachanwalt für Arbeitsrecht". Dieser wird auf Nachweis besonderer theoretischer Kenntnisse sowie praktischer Erfahrungen auf diesem Rechtsgebiet verliehen.