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Rechtsanwalt Christof Böhmer Fachanwalt für Arbeitsrecht und für Versicherungsrecht Düsseldorf
Rechtsanwalt Christof BöhmerFachanwalt für Arbeitsrechtund für Versicherungsrecht                                                                               Düsseldorf 

„Flexible“ Arbeitsverträge

Es liegt im Interesse von Arbeitgebern, die Arbeitszeit im Arbeitsvertrag möglichst flexibel zu gestalten, um so schwankendem Arbeitsanfall begegnen zu können. Es ist aus Sicht des Arbeitgebers erstrebenswert, durch möglichst punktgenauen Einsatz der arbeitnehmerseitig geschuldeten Arbeitskraft zu erreichen, dass diese nur dann vergütungspflichtig anfällt, wenn auch tatsächlich Arbeit zu leisten ist.

Demgegenüber haben Arbeitnehmer ein Interesse daran, möglichst feste Arbeitszeiten zu haben, so dass sie ihre arbeitsfreie Zeit gestalten können oder auch denkbare weitere Arbeitsverhältnisse geplant ausgeübt werden können. 

Diese widerstreitenden Interessen liegen den spärlichen gesetzlichen Regelungen sowie den von der Rechtsprechung aufgestellten Leitlinien zugrunde, welche nachfolgend skizziert werden.

 

1. Gesetzlicher Rahmen

Eine Regelung für die sogenannte „Arbeit auf Abruf“ enthält das Teilzeit und Befristungsgesetz (TzBfG):

 

§ 12 Arbeit auf Abruf

 

(1) Arbeitgeber und Arbeitnehmer können vereinbaren, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat (Arbeit auf Abruf). Die Vereinbarung muss eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit festlegen. Wenn die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, gilt eine Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart. Wenn die Dauer der täglichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, hat der Arbeitgeber die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers jeweils für mindestens drei aufeinander folgende Stunden in Anspruch zu nehmen.

 

(2) Der Arbeitnehmer ist nur zur Arbeitsleistung verpflichtet, wenn der Arbeitgeber ihm die Lage seiner Arbeitszeit jeweils mindestens vier Tage im Voraus mitteilt.

 

(3) Durch Tarifvertrag kann von den Absätzen 1 und 2 auch zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden, wenn der Tarifvertrag Regelungen über die tägliche und wöchentliche Arbeitszeit und die Vorankündigungsfrist vorsieht. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen über die Arbeit auf Abruf vereinbaren.

 

Diese Regelung scheint zunächst einer Vereinbarung im Arbeitsvertrag entgegen zu stehen, die dem Arbeitgeber das Recht einräumt, die Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit einseitig festzulegen („Die Vereinbarung muss eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit festlegen.“) und lediglich eine Flexibilität der Arbeitszeitverteilung zu ermöglichen.

Dies wird jedoch von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) anders gesehen. Danach muss lediglich eine Mindestdauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit vereinbart werden. Eine Regelung, die beispielsweise vorsieht, dass der Arbeitnehmer auf Abruf wöchentlich mindestens 5 Stunden und an jedem Einsatztag mindestens 2 Stunden zu beschäftigen ist, entspräche somit der Regelung des § 12 TzBfG.

 

2. Sonstige Begrenzungen (Allgemeine Geschäftsbedingungen)

Arbeitsverträge unterliegen jedoch den Regelungen für Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), soweit keine „arbeitsrechtlichen Besonderheiten“ zu beachten sind.

Insbesondere ergibt sich hier eine Beschränkung flexibler Arbeitsvertragsgestaltungen aus § 307 BGB. Nach dieser Vorschrift sind Bestimmungen in AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.

 Das Bundesarbeitsgericht sieht eine solche unangemessene Benachteiligung in einer vertraglichen Regelung, die dem Arbeitgeber gestattet, über mehr als 25 % der vereinbarten (Mindest-) Arbeitszeit zusätzlich auf Abruf zu verfügen.

  

3. Rechtsfolgen der Unwirksamkeit

Fraglich bleibt, welche Rechtsfolgen eine Unwirksamkeit der flexiblen Regelung im Arbeitsvertrag hat.

Bei sogenannten „Null-Stunden-Verträgen“, in welchen dem Arbeitgeber die Möglichkeit eingeräumt wird, den Arbeitnehmer bei Auftragsmangel garnicht oder bei Auftragseingang auf Abruf zu beschäftigen, bietet § 12 TzBfG regelmäßig eine sinnvolle „Sanktion“. Der Arbeitnehmer ist bei einer solchen Vertragslage mindestens 20 Stunden je Woche zu beschäftigen und vergüten.

In den Fällen, in denen die in § 12 TzBfG genannte Folge (es gelten mindestens 10 Wochenarbeitsstunden und 3 Tagesarbeitsstunden als vereinbart) nicht sachgerecht ist, beispielsweise weil schon die vereinbarte Mindeststundenzahl höher ist, bieten sich zwei Lösungen an:

 

- Es kommt eine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht. Zu fragen wäre hier: „Was hätten die Parteien redlicherweise vereinbart, hätten sie die Unwirksamkeit der Regelung erkannt?

 

- Die zweite Möglichkeit ist, es bei der schlichten Unwirksamkeit der vertraglichen Regelung zu belassen. Dies setzt voraus, dass die vertragliche Regelung auch dann insgesamt ihren Sinn behält, wenn deren unwirksamer Teil gestrichen wird (sog. „blue pencil Verfahren“).

 

Welche dieser Lösungen auf den einzelnen Fall anzuwenden ist, richtet sich nach dessen besonderen Umständen. Die Gerichte machen aber nur sehr zurückhaltend von der Möglichkeit einer ergänzenden Vertragsauslegung Gebrauch. Denn grundsätzlich verbietet das Gesetz im Falle einer unwirksamen AGB die sogenannte „geltungserhaltende Reduktion“.

 

In aller Regel also wird das Ergebnis lauten: Der Arbeitnehmer schuldet nur die vereinbarte (Mindest-) Arbeitszeit und ist darüber hinaus nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet.

 

Rechtsanwalt Christof Böhmer